Das Ende einer Vision für Weilburg

Veröffentlicht am 26.03.2017 in Kommunalpolitik

Das Tageblatt berichtet 2010 über einen Ortstermin der SPD. Bereits damals war die Schieflage des Projekts erkennbar

Gewerbegebiet in Waldhausen wird endgültig zu den Akten gelegt.

Der Plan war gut. Zwanzig Hektar Gewerbefläche, Anschluss an die vierspurige Bundesstraße, Betriebsansiedlungen, Arbeitsplätze, Gewerbesteuer – Weilburg, eine prosperierende Stadt. Das war in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts. Flächen wurden gekauft, es wurde geplant, es gab große Termine für die Öffentlichkeit. Und jetzt? Auf leisen Sohlen kommt der große Ausstieg. Der Traum ist aus.

Warum?

Warum ist das so? Eine Frage, die jetzt kaum noch gestellt wird, denn die Anfänge liegen weit zurück. Stadtverordnete, die örtliche Presse oder auch die interessierte Öffentlichkeit blicken kaum noch durch, denn der Sachverhalt ist komplex, vielschichtig und aus dem Rathaus gibt es nur spärliche Informationen. Unter dem banalen Titel „Änderung des Flächennutzungsplans der Stadt Weilburg im Bereich Waldhausen“ sollen jetzt die Stadtverordneten den Weg frei machen für eine teilweise Rückumwandlung der Fläche als „Landwirtschaftliche Nutzfläche“. Hohe Summen für Landankäufe durch die Stadt und eine beauftragte Gesellschaft werden plötzlich zu einer dicken „Fehlinvestition“. Ein Verlust für die Stadt von mehreren hunderttausend Euro (Experten sprechen von einer halben Million), ist jetzt von der Stadt und dem städtischen Steuerzahler zu verkraften.

20 Hektar Gewerbegebiet

Das Ziel am Anfang war richtig, denn in Weilburg fehlten Flächen für Gewerbe und Industrie. Welliges Gelände und ungünstige Verkehrsanbindungen erschwerten die Standortsuche. Da lag es nahe, das Areal in Waldhausen, an der Bundesstraße 49, für eine gewerbliche Entwicklung zu nutzen. Die Begeisterung der örtlichen Bewohner hielt sich zwar in Grenzen, weil Lärm- und Verkehrsbelastungen befürchtet wurden. Doch die Planung und der Flächenerwerb gingen voran und am 21.2.2008 wurde der Flächennutzungsplan mit 20 Hektar Gewerbegebiet an dieser Stelle beschlossen.

Bereits zu diesem Zeitpunkt gab es Zweifel an der Realisierbarkeit des Vorhabens, weil viele Fragen und wenige Antworten vorlagen. Das Stadtparlament hat deswegen, auf Antrag von FWG und SPD, am 24.4.2008 die Erstellung einer Machbarkeitsstudie beschlossen, um das Projekt zu forcieren. Die organisatorischen, finanziellen und planerischen Rahmenbedingungen waren zu klären.

Freude kam auf, als im November 2008 die Nachricht von der Zustimmung des Bundes, zu einer Anschluss-Stelle an die vierspurige Bundesstraße verkündet wurde (Siehe WT vom 20.11.2008). Eine Botschaft mit Pferdefuß, denn bezahlen sollten die Antrag stellenden Kommunen selbst. Das war das „Aus“ für das Projekt, eine Erkenntnis, die sich allerdings erst Jahre später im Rathaus der Stadt Weilburg einstellte.

„Green-Village-Weilburg“

Im Dezember 2012 präsentierte der Bürgermeister zusammen mit einer umfangreichen Vorlage eine Kalkulation für die geplanten Gewerbeflächen, mit Gesamtkosten von rund 12 Millionen Euro, die einen kostendeckenden Verkaufspreis von über 60 Euro pro Quadratmeter erforderten. „Daher bestehen kaum Chancen, das Gewerbegebiet an der B 49 zeitnah komplett zu vermarkten“. So das Fazit der Vorlage. Als Ersatz legte er unter der Überschrift „Green-Village Weilburg“ ein ökologisches Wohnbauprojekt, mit 40 Wohnhäusern an diesem Standort vor. Eine Idee, die vom Parlament niemals aufgegriffen wurde und bis heute in der Schublade geblieben ist.

Es folgte der langsame und leise Ausstieg aus dem Projekt. Im Flächennutzungsplan von 2015 verringerte sich die Gewerbefläche auf rund sieben Hektar. Jetzt (2017) wird eine weitere Teilfläche heraus genommen und zu landwirtschaftlicher Nutzfläche umgewandelt. So der Vorschlag aus dem Rathaus für die nächste Stadtverordnetenversammlung. Ein Ausstieg auf Raten. Zurück bleiben hohe Kosten, die letztlich der Steuerzahler begleichen muss.

„Aus Schaden wird man klug“

Was lernen wir daraus? Diese Frage liegt jetzt auf dem Tisch. Eine Antwort steckt in einem erst wenige Monate alten Schreiben eines befreundeten Planers, der Weilburg gut kennt und beobachtet. Er hat es mir kürzlich zugeschickt. Er schreibt:

Ich verstehe selten die Herangehensweisen des Stadtparlaments an die gewünschten Investitionsobjekte. Entweder man verpulvert sechsstellige Summen für internationale Architekturwettbewerbe für Projekte wie die Bebauung des super gelegenen und integrierten Parkdecks, bei dem jeder nur halbwegs in der Szene Kundige die Marktferne und damit die Undurchführbarkeit hätte voraussagen können oder man lässt sich von den Investoren nahezu alles diktieren und setzt nur lächerliche Änderungen durch wie in der Hainallee.

Eine Kritik, die wir uns als Stadtverordnete gefallen lassen müssen. Egal ob Rathaus-Terrassen, Altstadtgalerie, Windpark Oberlahn oder jetzt das gescheiterte Gewerbegebiet Waldhausen. In einer frühen Phase ist mit kleinen Geld die Machbarkeit zu prüfen. Erst bei einer stabilen Realisierungschance sind die Folgeschritte einzuleiten. Das spart Geld und gleichzeitig werden die Nerven der Verantwortlichen geschont.

 

WT vom 20.11.2008. Großer Bahnhof. Freude kam auf, als im November 2008 die Nachricht von der Zustimmung des Bundes, zu einer Anschluss-Stelle an die vierspurige Bundesstraße verkündet wurde. Bezahlen sollten die Kommunen allerdings selbst. Diese Information kam erst durch eine Nachfrage bei dem zuständigen Bundesministerium heraus.

Ein Beitrag von Hartmut Bock, Stadtverordneter in Weilburg

 
 

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