Altstadt Weilburg – wie geht es weiter?

Veröffentlicht am 14.06.2013 in Stadtpolitik

Altstadt Weilburg, Luftbild 2009 (Quelle: Masterplan)

Ein Citymanager soll jetzt die Trendwende bringen.

Ein Beitrag der Hessenschau über die Leerstandssituation in der Weilburger Innenstadt, die Diskussion über den Standort eines Drogeriemarkts und der Vorschlag zur Einstellung eines Leerstands- oder Citymanagers haben Diskussionen bei den verantwortlichen Akteuren der Stadtentwicklung ausgelöst. Während das Thema in den heimischen Medien  dezent und zurückhaltend angesprochen wird, ist der  Blick von außen weniger schmeichelhaft und sehr realitätsnah.  Die Verantwortlichen der Stadt sind gefordert mit klugen Strategien und konsequentem Handeln, die Abwärtsspirale zu stoppen.

 

Zufriedenheit überall

Dabei fing alles so gut an. Der Hessentag im Jahre 2005 brachte hundertausende Gäste und Touristen in die Stadt, es gab glückliche Gesichter, gute Geschäfte und strahlenden Sonnenschein. Zufriedenheit überall! Doch schon ein Jahr später, im Jahre 2006 grummelte es in der Innenstadt. Umsatzrückgänge, Frequenzverluste durch die Stadtumfahrung, weniger Kunden, so wurde hinter vorgehaltener Hand erzählt. Der Hessentag war vorbei und die neue Brücke führte die potenziellen Kunden um die Altstadt herum.  Handeln war angesagt. Das war der Moment, als im Rathaus die großen Ideen von den Rathausterrassen, von der Neugassenüberdachung, etc. geboren wurden. Geniale Gedanken, Begeisterung.  5.000 Quadratmeter  neue Verkaufsfläche, hochmodern und das in zentraler Lage, eine Vision, die bei den Geschäftsleuten, den Hauseigentümern, aber auch bei den politisch Verantwortlichen Phantasien und Aktivitäten auslöste. Es wurde geplant und bewertet. Dominierendes Werkzeug war der Zeichenstift, doch der Rechenstift wurde lange links liegen gelassen, denn sehr spät stellte sich die fehlende Rentabilität für das Projekt heraus. Investitionskosten von 15 bis 20 Millionen Euro erforderten einen Mietpreis, der in Weilburg nicht zu erzielen war. Im Jahre 2011, wenige Monate nach der Bürgermeisterwahl, wurde das Projekt beerdigt. Die Zeit des Träumens ist vorbei, titelte das TAGEBLATT damals.

Die Altstadtgalerie

Interessant war dabei die Position der politischen Parteien, die lange Zeit, zumindest öffentlich, auf das Projekt setzten. Lediglich die CDU preschte 2010 mit einer neuen Idee vor und favorisierte den Bau einer Altstadtgalerie in der historischen Altstadt, auf einem Areal zwischen Neugasse und Parkdeck. Eine interessante Überlegung, die auch fachlich überzeugte, weil bei einer richtigen Konzeptionierung Altstadt und Handel davon profitieren können. Ein Aufstellungsbeschluss für einen  Bebauungsplan folgte 2012. Für eine überzeugende Lösung ist das Areal allerdings sehr klein. Seitdem ist es ruhig geworden, denn ein Investor für dieses Millionenprojekt ist nicht in Sicht.  Offensichtlich wird jetzt genauer gerechnet. Auch die jetzt vorgenommene formale „Beteiligung der Öffentlichkeit“ bringt  keine Beschleunigung. Dynamik sieht anders aus.

Außen und innen – das Einzelhandelskonzept

Ein wichtiges und interessantes „Abfallprodukt“ aus der Planung der Rathausterrassen ist das Einzelhandelskonzept, erstellt  von Frau Birgitt Wachs, von der Gesellschaft für Markt- und Absatzforschung. Eine gründliche Analyse zur  Situation des Handels in Weilburg stellte ein gravierendes Ungleichgewicht in der Entwicklung der Handelsflächen fest.  Zu viel außen und zu wenig innen, so lautet kurz und knapp die Bewertung, die sich textreich und fundiert in dem Konzept nachlesen lässt. Dadurch hat die Altstadt dramatisch an Wert und an Kundenfrequenz verloren, ein Dilemma, welches bis heute andauert.

Doch es wurde in dem Konzept nicht nur eine Diagnose geliefert, sondern auch eine Empfehlung für eine mögliche Therapie unterbreitet. Steuerung der künftigen Geschäftsentwicklung durch klare Regelungen in Bebauungsplänen, in denen das Sortiment für den Verkauf vorgegeben wird, so der Vorschlag.  Großvolumige Produkte, wie Betten, Schränke und Matratzen gehören an den Stadtrand und alles andere ins Zentrum. Eine harte ordnungspolitische Vorgabe, die nicht allen schmeckt, aber an vielen Orten, insbesondere in Süddeutschland und im Alpenraum erfolgreich praktiziert wird und  für Planungssicherheit bei den Investoren sorgt.  So entwickeln sich dort vitale und attraktive Zentren und alle sind zufrieden, Bewohner, Hauseigentümer,  Investoren, der Handel und die Politik. Zufriedene Kunden und Touristen und lebendige und lebenswerte Altstädte sind die Folge.

Doch auch hessische Beispiele gibt es, berichtet das Hessenfernsehen. Beispiel Eschwege mit einer Leerstandquote von fünf Prozent. Auch dieses Ergebnis ist nicht vom Himmel gefallen, dahinter steckt ein riesiger Kraftakt der Kommune.

Auch in Weilburg wurde diese Überlegung des Einzelhandelskonzepts aufgegriffen, in den Masterplan übernommen und im November 2010 erfolgte der Aufstellungsbeschluss für den erforderlichen Bebauungsplan. Doch auch hier fehlt der Elan  und seither ist wenig passiert. Im Gegenteil. Bei der Ansiedlung eines Drogeriemarktes wird vom Rathaus ein  Standort  am Stadtrand vorgeschlagen, eine Überlegung, die fatal und irreparabel für die Innenstadt ist, die alle Überlegungen der letzten Jahre zunichte macht.

Der Ortsvorsteher meldet sich zu Wort

Interessant ist in diesem Zusammenhang ein Beitrag des Weilburger Ortsvorstehers zum Masterplan, der kürzlich im TAGEBLATT veröffentlicht wurde. „Die Zahl der Leerstände hat sich erhöht“ und „viele Bemühungen hatten leider zu wenig Erfolg“, wird darin lapidar festgestellt. Ein vernichtendes Urteil, nach dem Auslaufen der Stadtsanierung, die Millionenbeträge verschlungen hat. Auch zur Altstadtgalerie eine nachdenkliche Bewertung. „Möglicherweise muss umgedacht werden“, so die Einschätzung.

Jetzt kommt der Citymanager

Nach den Rathausterrassen und der Altstadtgalerie kommt jetzt der Vorschlag eines Citymanagers auf den Tisch, um der Innenstadt neues Leben einzuhauchen. Der Gedanke ist gut, neu ist er aber nicht, denn bereits im Masterplan wird eine solche Einrichtung vorgeschlagen. Doch einen weiteren Flop können wir uns nicht mehr leisten, deswegen müssen Auftrag und Rahmenbedingungen stimmen. Viele Kommunen haben in der Vergangenheit gute Erfahrungen mit dem Citymanagement gemacht. Bei genau so vielen hat es nicht funktioniert. Warum? Oft gab es eine Erwartung mit dem Glauben an einen schnellen Erfolg, die dann aber nicht erfüllt wurde. Denn ein Citymanager ist kein Don Quijote, der gegen Windmühlen kämpft, er braucht ein funktionierendes Umfeld, um gut zu arbeiten. Dazu gehören der erforderliche Freiraum, ein angemessener Zeitrahmen und ein klar beschriebenes Handlungsfeld. Und dies ist deutlich größer als nur die Unterstützung bei der Vermietung von Immobilien, wie dies verschiedentlich geäußert wird. Kommunikation und die Koordinierung unterschiedlicher Interessen von Hauseigentümern, Einzelhändlern, Stadt, Wirtschaftswerbung, Kunst, Kultur, etc. sind ein wichtiger Aufgabenschwerpunkt.

Zusätzlich müssen die planungsrechtlichen Voraussetzungen im Sinne des Einzelhandelskonzepts stimmen. Wird am Stadtrand weiter Fläche für innenstadtrelevante Produkte geschaffen, dann scheitert auch der beste Citymanager. Denn die Investitionsbereitschaft in der Innenstadt entsteht nur, wenn die  Chance einer Aufwärtsentwicklung gesehen wird. Appelle des Weilburger Ortsvorstehers hören sich gut an, helfen aber nicht, solange „billiges Bauen“ auf der grünen Wiese möglich ist. Dann investiert kein Mensch im Zentrum.

Mutige Entscheidungen und klare Rahmenbedingungen sind erforderlich. Sie sollten nicht auf die lange Bank geschoben werden.

Ein Beitrag von Hartmut Bock, Stadtverordneter in Weilburg

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