Aktive Bürger für Stadt und Land

Veröffentlicht am 03.06.2019 in Stadtpolitik

Jetzt auch in Weilburg. Eine Bürgerinitiative gegen Straßenbeiträge. Erste Schilder wurden bereits aufgehängt.

In Weilburg wurde eine Initiative gegen Straßenbeiträge gegründet.

„Jetzt haben wir den Salat!“ Diesen leisen Fluch gab es sicherlich in den Amtsstuben des Rathauses und bei einigen Mitgliedern des Stadtparlaments, nachdem über das Tageblatt und über Facebook die Information über die neue Bürgerinitiative gegen Straßenbeiträge in Weilburg durchsickerte. Noch im letzten Jahr gab es gute Chancen, ohne größeren Gesichtsverlust aus dieser leidigen Abgabe auszusteigen, doch dies wurde in Weilburg falsch eingeschätzt und jetzt formiert sich, wie an vielen anderen Orten in Hessen, der Widerstand.

Politik an den Bürgerinnen und Bürgern vorbei, das funktioniert eben nicht und passt auch nicht mehr in die Zeit. Wer Engagement von den Menschen fordert, der muss auch gut informieren, Entscheidungsprozesse öffnen, zum Mitmachen anregen und offen für Kritik sein. Das ist die Voraussetzung für die Identifikation mit der Stadt und Grundlage für einen offenen demokratischen Diskurs. Ich erinnere mich noch gut an die Bürgerversammlung im Sommer 2018, die kaum besucht war, weil die großen Stadtthemen, wie die falsch dimensionierte Bebauung hinter der Sparkasse, die Straßenbeiträge oder auch die Entwicklung der Innenstadt außen vor gelassen wurden.

Das Konzept des Rathauses

Auch das Thema Straßenbeiträge passte nicht in das Konzept des Rathauses. Es gab gute Erfahrungen mit den einmaligen Beiträgen, die Grundstückseigentümer waren zahlungswillig und wer murrte bekam einen Termin im Rathaus und wurde dort auf Spur gebracht. Kein Änderungsbedarf also. Still und leise weitermachen wie bisher – das war die Strategie, die in Zeiten von Bundeskanzler Kohl auch „Aussitzen“ genannt wurde. Die Initiativen der SPD zur Abschaffung wurden mit der Bürgermeistermehrheit im Parlament niedergestimmt und auch Resolutionen zur Mitfinanzierung nach Wiesbaden kamen nicht durch, weil der Schutz der schwarzgrünen Landesregierung wichtiger als das Wohl der heimischen Bürger war. Eine fatale Fehleinschätzung, die viel politisches Vertrauen kosten wird. Die Bürgerschaft beobachtet heute genau, was im Rathaus passiert. Die Kosten für den kommunalen Straßenbau sind kräftig am Klettern, immer mehr Geld wird künftig von den Grundstückseigentümern verlangt. Auch die Bemessung nach Grundstücksgröße oder die Straßeneinstufung wird als ungerecht empfunden. Das Land Hessen hat im Mai 2018 noch einmal Öl ins Feuer gegossen, den Kommunen die Entscheidung über das Erheben der lästigen Beiträge frei gestellt und damit den Bürgermeistern und örtlichen Parlamenten den schwarzen Peter zugeschoben. Unruhe und Zoff in vielen Gemeinden sind die Folge und das quer durch alle politischen Farben.

Die Stadt muss umdenken

Die Bürger wollen mitreden. Die umstrittene
Bebauung hinter der Sparkasse wurde bisher
noch nicht in einer Bürgerversammlung
vorgestellt.

Das Weilburger Rathaus muss kräftig umdenken. Stadtentwicklung funktioniert nur mit aktiven Bewohnern, die sich für „ihre Stadt“ stark machen und sich auf vielen Ebenen, im Ehrenamt und in der Politik engagieren. Geheimniskrämerei und Entscheidungen hinter verschlossenen Türen, das passt heute nicht mehr in eine aufgeklärte Welt. Das beginnt mit dem Spielplatz vor der Haustür, bei dem die Eltern mitreden wollen und geht weiter beim Konzept für die städtischen Kindergärten. Auch die bauliche Entwicklung ist von Interesse, insbesondere wenn dadurch das Stadtbild nachhaltig verändert wird. Wo ist die Bürgerinformation zur Kirmesplatzbebauung oder zum Areal hinter der Sparkasse, wo groß dimensionierte Projekte geplant sind? Dahinter stecken mächtige Investoren, die der Stadt sagen, wo es lang geht und die Öffentlichkeit bekommt vollendete Tatsachen serviert. Nicht das Wohl der Stadt, sondern Profitinteressen stehen im Vordergrund. So geht das nicht, denn die Bürger wenden sich ab von der Stadt, die Identifikation geht verloren und die lebendige Stadtgesellschaft bleibt auf der Strecke. Akzeptanz und Zustimmung der Bevölkerung für große Vorhaben sind eine wichtige Voraussetzung für eine gute Zukunft.

Konstruktive Zusammenarbeit mit der Bürgerinitiative

Dies gilt auch für die Straßenbeiträge in Weilburg, denn die Gründung der neuen Bürgerinitiative ist logisch und konsequent. Sie will mitreden und sich für eine Lösung einsetzen, die der Stadt als Ganzes dient. Denn im Wettbewerb um Einwohner, junge Familien und Investoren sind die Beiträge eine Entwicklungsbremse. Viele Kommunen in Hessen erkennen den Wettbewerbsnachteil und schaffen die Straßenbeiträge ab, das lässt sich beim Blick über den Tellerrand schnell erkennen. Warum geht das nicht in Weilburg? Diese Frage ist berechtigt und muss beantwortet werden. Natürlich wird dafür Geld aus anderer Quelle gebraucht. Springt das Land ein, so wie dies vielfach von den Kommunen gefordert wird? Oder läuft es über den Stadthaushalt mit der Finanzierung aus Steuermitteln? Auch das ist möglich. Bei Schutzschirm und Hessenkasse hat das ohne großes Murren funktioniert. Bei Straßenbeiträgen sollte das auch kein Tabu sein. Das Weilburger Rathaus ist gut beraten, wenn die konstruktive Zusammenarbeit mit der neuen Initiative gesucht wird und deren Forderungen berücksichtigt werden. Das schafft Vertrauen und das Engagement kann zu Gunsten der Stadt genutzt werden. Schlimm wird es, wenn auf Zeit gespielt wird, denn eine Verschiebung des Abschaffungstermins schafft neue Ungerechtigkeiten. Deswegen haben manche Kommunen rückwirkend abgeschafft und in Bayern sollen sogar gezahlte Beträge erstattet werden.

Ein Beitrag von Hartmut Bock, Stadtverordneter in Weilburg

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